Im Nomos Verlag erscheint in Kürze die Festschrift „50 Jahre hlb“. Wir haben mit Prof. Dr. Nicolai Müller-Bromley, dem Präsidenten des Hochschullehrerbunds hlb, über die Festschrift gesprochen.
In der Festschrift „50 Jahre hlb“ werfen Sie u. a. einen Rückblick auf die erfolgreiche Arbeit des Hochschullehrerbund hlb. Wenn Sie diese Jahre nun kurz zusammenfassen müssten, was sollte dabei besonders hervorgehoben werden?
Die Professorinnen und Professoren haben sich 1972 im Hochschullehrerbund zusammengeschlossen, um ihre beruflichen Interessen gegenüber der Politik, den Medien und in der Gesellschaft zu vertreten. Die Gründung stand in unmittelbaren Zusammenhang mit der Gründung der Fachhochschulen, die nach einer Vereinbarung der Länder von 1968 als neuer Hochschultyp eingerichtet wurden. Sie wurden mit einem eigenständigen Bildungsauftrag ausgestattet, der vom Anwendungsbezug in Lehre und Forschung und durch praxisintegrierte Teile geprägt ist. Mit Leben gefüllt wird dieses besondere Profil durch die Professorinnen und Professoren an diesem Hochschultyp, die neben ihrer wissenschaftlichen Qualifikation eine mehrjährige Berufspraxis außerhalb der Hochschulen gesammelt haben. Ursprünglich als reine Lehreinrichtungen gegründet, sind sie in den zurückliegenden 50 Jahren zu Hochschulen für angewandte Wissenschaften geworden. Neben der Lehre übernehmen sie zunehmend Aufgaben im Transfer und in der anwendungsorientierten Forschung. Diese Entwicklung hat der hlb mit seiner hochschul- und wissenschaftspolitischen Arbeit mitgeprägt.
Die Festschrift geht auch auf die Schlüsselrolle von Professor:innen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften ein. Können Sie diese kurz beschreiben?
Das ist die Doppelqualifikation aus profunder beruflicher Praxis einerseits und wissenschaftlicher Expertise andererseits. Wer Professorin oder Professor an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften werden möchte, muss substantielle Erfahrung in der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse oder Methoden außerhalb der Hochschule gesammelt haben. Das ist ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zu den Kolleginnen und Kollegen, die an Universitäten lehren und forschen. Diese Doppelperspektive ermöglicht praxisnahe Lehre und Forschung und ist besonders in Kooperations- und Transferprojekten wichtig, über die die Hochschulen für angewandte Wissenschaften mit vielen außerhochschulischen Partnern in Wirtschaft und Gesellschaft verbunden sind. Die Professorinnen und Professoren sind mit ihrer Forschung nicht nur in der Region gut aufgestellt, sondern auch international gut vernetzt. Dadurch gelingt es ihnen, wichtige Entwicklungen für die vor dem Hintergrund von Klimawandel, Energiekrise und gesellschaftlichem Umbruch anstehenden Veränderungen und Transformationen voranzubringen.
Was wird die Arbeit des hlb in den nächsten Jahren prägen, was sind die Ziele?
Der hlb möchte dazu beitragen, dass die Professorinnen und Professoren der Hochschulen für angewandte Wissenschaften ihr volles Potenzial in Forschung und Transfer noch besser entfalten können. Daher werben wir darum, dass die Professorinnen und Professoren der Hochschulen für angewandte Wissenschaften auch ausreichend Zeit für Forschung und Transfer bekommen, denn das Lehrdeputat ist seit 50 Jahren unverändert.
Dafür bedarf es nicht nur einer Berücksichtigung ihrer Leistungen in Forschung und Transfer im Lehrdeputat, sondern auch passender Förderinstrumente. Der Beiträge der Politikerinnen und Politiker in der Festschrift zeigen, dass dies auch von der Politik verstanden worden ist. Die von der Bundesregierung geplante „Deutsche Agentur für Transfer und Innovation“ z. B. könnte eine solche Aufgabe erfüllen. Der hlb möchte an der Verbesserung der Rahmenbedingungen an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften arbeiten, damit das vorhandene Potenzial für Forschung und Transfer besser ausgeschöpft werden kann. Neben der Grundalgenforschung sind die angewandten Wissenschaften eine wichtige Säule unseres Wissenschafts- und Innovationssystems, die weiter gestärkt werden müssen.
Prof. Dr. Nicolai Müller-Bromley ist Professor für öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Hochschule Osnabrück und seit 2003 Präsident des Hochschullehrerbunds hlb, der diese Festschrift anlässlich seines 50-jährigen Bestehens herausgegeben hat.
Die Festschrift, die im Open Access in der Nomos eLibrary verfügbar sein wird, bringt Reflexionen aus dem Kreis der Aktiven mit Perspektiven von Weggefährten und Stimmen aus der Politik zusammen. Sie zeigt, dass die Professorinnen und Professoren der Hochschulen für angewandte Wissenschaften eine Schlüsselrolle im Wissenschafts- und Innovationssystem und an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft einnehmen. In Zukunft brauchen sie mehr Zeit für Forschung und Transfer, einen Ausbau des eigenständigen Promotionsrechts sowie eine konsequente Fokussierung auf ihre typenbildende Doppelqualifikation aus Berufspraxis und wissenschaftlicher Expertise.