Keine Rote Karte für den Idealverein – Eine zulässige Rechtsform auch im professionellen Sport

07.12.2023

Keine Rote Karte für den Idealverein – Eine zulässige Rechtsform auch im professionellen Sport

Beitrag von Dr. Ron Fahlteich

Das historische Leitbild für Sportclubs war das des Idealvereins (§ 21 BGB), dessen Zweck nach dem Gesetzeswortlaut nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Für den Sport heißt das, dass sich dieser Zweck in dem subjektiven Vereinszweck und der objektiven Vereinstätigkeit der Sportunternehmung widerspiegeln muss. Wirtschaftliche Betätigungen sind aber im Rahmen des Nebenzweckprivilegs möglich.

Tatsächliche Praxis

Dass allein Idealvereine in den Sportligen vertreten sind, hat sich gewandelt. Ermöglicht durch die Sportfachverbände (z.B. § 16c Ziff. 1 Satzung Deutscher Fußball-Bund und §§ 7, 8 Ziff. 1 Satzung DFL Deutsche Fußball Liga e.V.) nehmen auch Sportunternehmungen mit kapitalgesellschaftlicher Konzeption am Spielbetrieb teil. Das gewählte Trikot ist oftmals das der AG, der KGaA oder der GmbH:

Neben den Kapitalgesellschaften treten aber auch Sportunternehmungen im Trikot des Idealvereins im professionellen Spielbetrieb an.

Zulässigkeit des Idealvereins im professionellen Sport

Die Rechtsform des Idealvereins hat bis in die am weitesten ökonomisierten Sportarten und -ligen eine zentrale Bedeutung: Entweder als unmittelbarer Träger der Sportunternehmung oder im Fall ihrer Ausgliederung als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Allerdings lehnt die Rechtsliteratur diese Rechtsform für den Profisport auf Grund der zweckerforderlichen wirtschaftlichen Betätigungen (Spielertransfers, Gehälter, TV-/Rechtevermarktungen, etc.) unter dem Gesichtspunkt einer Gläubigergefährdung mehrheitlich ab. Die §§ 21 ff. BGB zum Idealverein enthalten, anders als die für Kapitalgesellschaften geltenden gesetzlichen Bestimmungen (AktG, GmbHG, HGB, PublG), keine unmittelbar gläubigerschützenden Regelungen.

 

Für die als Idealvereine konzipierten Sportclubs ist dies gefährlich. Denn erfolgt der Verlust der Rechtsfähigkeit, ist eine weitere Teilnahme am Spielbetrieb nicht möglich. Die Auswirkungen für den betroffenen Sportclub, seine Angestellten und Fans, aber auch für das gesamte Ligasystem wären fatal.

 

Jedoch ist auch die oftmals angeführte Ausgliederung des professionellen Spielbetriebs auf eine Kapitalgesellschaft (Ausgliederungskonstellation) kein Allheilmittel. Denn im Profisport bestehen Verbindungen und Verflechtungen zwischen dem Mutteridealverein und der Kapitalgesellschaft. In aller Regel ist der Mutteridealverein bereits wegen der Verbandsbestimmungen Mehrheitsgesellschafter (50+1-Regel – diese sollte auch unter diesem Blickwinkel überdacht werden) und oftmals haben zudem die gleichen Personen auf beiden Ebenen entscheidenden Einfluss. Aus diesem Grund ist dann eine Zurechnung der ausgegliederten Kapitalgesellschaft an den Idealverein nach aktienrechtlichen Maßstäben (§§ 17, 18 AktG) geboten. Die ADAC-Rechtsprechung aus den 1980-iger Jahren bietet keine ausreichende Verteidigung.

 

Gläubigerschutz durch Besonderheiten im professionellen Sport

Dass der Idealverein eine zulässige Rechtsform auch im professionellen Sport ist, lässt sich durch die sportspezifischen Zulassungssysteme rechtfertigen. Für den professionellen Sport erfährt das für die Zulässigkeitsbewertung wirtschaftlicher Betätigungen von Idealvereinen maßgebende vereinsrechtliche Nebenzweckprivileg eine materielle Aufwertung durch die sportspezifischen Zulassungsordnungen. Dies gilt für die Nichtausgliederungskonstellation und die Ausgliederungskonstellation gleichermaßen.

 

Gerade in den für den Geschäftsverkehr und den Gläubigerschutz bedeutsamen Bereichen der tatsächlichen Vermögens- und Ertragslage, der verfügbaren Haftungsmasse, der Rechnungslegung und Abschlussprüfung sowie der Unternehmensführung werden die gesetzesstrukturellen Schwächen der §§ 21 ff. BGB durch die Zulassungssysteme kompensiert. Die Sportclubs müssen diese Verbandsbestimmungen einhalten, um die Erlaubnis zur Teilnahme am professionellen Ligaspielbetrieb zu erhalten.

 

Exemplarisch müssen professionelle Sportclubs auch in der Rechtsform des Idealvereins dem Zulassungsgeber im Zulassungsverfahren ihre Vermögens- und Liquiditätsverhältnisse als zentrale Voraussetzung der Zulassungserteilung mitteilen und von ihm prüfen lassen. Negative wirtschaftliche Entwicklungen werden bis hin zu Punktabzügen und Ausschlüssen sanktioniert. Die Verbandsbestimmungen sehen auch unterjährige Kontrollen und die Erstellung von Plan-GuV-Rechnungen vor. Derartige Mechanismen kennen die Gesetze für Kapitalgesellschaften gar nicht. Für den Schutz der Gläubiger ist auch die besondere bilanzielle Behandlung von Spielern in den Blick zu nehmen. Denn diese dürfen in der Bilanz des Clubs nur in Höhe ihrer Ablösesumme angesetzt werden und sind über die Vertragslaufzeit abzuschreiben. Zudem werden ablösefreie Spieler und selbst ausgebildete Jugendspieler in der Bilanz gar nicht wertmäßig angesetzt. Der so insgesamt in der Bilanz abgebildete Bilanzwert des Spielerkaders dürfte damit regelmäßig unter den tatsächlichen Marktwerten der Spieler liegen. Die für die Zulassungsprüfung zugrunde liegenden Bilanzen sind daher noch um erhebliche tatsächliche Vermögenswerte (stille Reserven) zu ergänzen. Dies ist unter Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht zu missachten.

 

Auch unterliegen die Idealvereine hinsichtlich der Rechnungslegung und der Abschlussprüfung den gleichen Vorgaben wie die Kapitalgesellschaften. Denn die Verbandsbestimmungen verweisen für die einzureichenden Unterlagen auf die handelsrechtlichen Bestimmungen (etwa bzgl. Rechnungslegung: DFL Lizenzordnung Anhang VII Teil 1 A., Teil 2 A., Lizenzstatut Volleyball Bundesliga Teil H Tab. 5 Ziff. 5.4, Lizenzstatut BBL § 5 Ziff. 2 S. 3; bzgl. Prüfung: DFL Lizenzordnung § 8 und § 8a, jeweils Ziff. 1.1 lit. f) und Ziff. 1.2 lit. e) und Anhänge VII, VIIa DFL Lizenzordnung).

Fazit

Der Idealverein ist eine zulässige Rechtsform für professionelle Sportunternehmungen. Durch die sportspezifischen Zulassungssysteme und deren Wirkungen besteht eine Rechtfertigung dafür, dass diese Rechtsform auch im professionellen Sport im Einklang mit dem Nebenzweckprivileg steht. Profisportclubs können diese Rechtsform wählen und beibehalten.

 

Dr. Ron Fahlteich ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB Rechtsanwälte, Freiburg. Seine Dissertation mit dem Titel „Der Idealverein als Rechtsform für professionelle Sportunternehmungen – Eine verbands- und steuerrechtliche Betrachtung“ ist gerade im Nomos Verlag in der Schriftenreihe „Schriften zum Sportrecht“ erscheinen.