Der Nomos Verlag trauert um Prof. Dr. Jörg Philipp Terhechte
Jörg Philipp Terhechte hat mit seinen wissenschaftlichen Werken die europarechtliche Ausrichtung des Verlags über 20 Jahre lang wesentlich mitgestaltet und inhaltlich geprägt. Er hat Themen erkannt, oft vor Anderen, hat Menschen zusammengebracht, war Ansprechpartner und Freund.
2004 lernten wir ihn bei der Publikation seiner Dissertation über „die ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des europäischen Wettbewerbsrechts“ kennen. Ein Jahr später war er maßgeblich an der Nachwuchstagung für das Öffentliche Recht in Bielefeld beteiligt, in der es um den „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ ging. Lebensthemen, die Jörg Philipp Terhechte nicht mehr losgelassen haben. Es folgten zahlreiche weitere Publikationen mit Schwerpunkten im Europarecht und im Internationalen Wirtschaftsrecht. Bei der Enzyklopädie Europarecht war er maßgeblich eingebunden.
Die Mitherausgeberschaft der aktuellen Auflage des von der Groeben/Schwarze/Hatje/Terhechte hat er mit großem Engagement und Herzblut übernommen. Das von ihm entwickelte und herausgegebene Handbuch Verwaltungsrecht der Europäischen Union hat sich zu einem Standardwerk entwickelt, das das allgemeine und besondere europäische Verwaltungsrecht in einem Band darstellt. Die von ihm herausgegebene dreisprachige Textsammlung Europarecht bietet in synoptischer Darstellung den vergleichenden Zugang zum Europarecht. Nach frühen Beiträgen, die er schon zu Studienzeiten in der Zeitschrift Europarecht – EuR veröffentlichen konnte, war er lange Jahre maßgeblich an deren Redaktion beteiligt und stand kurz davor, die Schriftleitung zu übernehmen. Schließlich war er uns auch als Mitherausgeber zahlreicher wissenschaftlicher Schriftenreihen verbunden: Erst in diesem Sommer war er Mitherausgeber der Reihe „Europäisches Recht, Politik und Wirtschaft“ geworden, in der schon seine Dissertation erschienen war. Die Veröffentlichung seiner Habilitationsschrift über „Die Haftung der Dritten Gewalt“, die im Sommer 2024 von der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg angenommen worden war, hat er nicht mehr erlebt.
In allem war er überzeugter Europäer, dabei Realist, mit dem Blick für das Machbare und ohne die Bodenhaftung zu verlieren. Seine Lebensfreude, sein Optimismus und seine offene Weltwahrnehmung waren ansteckend. Wir kamen vom Hölzchen des europäischen Wirtschaftsrechts (sein Brevier) auf das Stöckchen aktueller Rockmusik (seine Passion, das Schlagzeug) und wieder zurück. Er hatte einen Blick für die Menschen, konnte einschätzen und, das Wichtigste, bei aller Unterschiedlichkeit der Charaktere und wissenschaftlichen Auffassungen, verbinden und Neues entwickeln. Er schuf Nähe und Vertrauen – Fähigkeiten, die nicht nur im Großen, seinem Europa, sondern auch seinen Freunden, uns, bitter fehlen.
In allem steckte seine Energie und Begeisterung. Er scheute es nicht, ins Geschirr zu gehen, er dachte in Lösungen. Und hatte den Ehrgeiz, die Dinge in Bahnen zu lenken. Er schonte sich nicht, ein Camus’sches Zitat trifft es: „Die wahre Großzügigkeit der Zukunft gegenüber besteht darin, in der Gegenwart alles zu geben.“
In allem steckte noch so viel Optimismus, diese Zukunft zu erleben. Eine heimtückische Krankheit, die er überwunden glaubte, schlug zurück. Er kannte das vom Boxen (ja, auch das war Seines) – und vielleicht hätte er den Vergleich, der so nahe am Leben liegt, lachend auch so gezogen.
Jörg Terhechte wurde nur 49 Jahre alt. Er wird uns sehr fehlen. Unsere Gedanken sind bei seiner Ehefrau, seinen drei Kindern und seiner Familie.