Die Herausgeber:innen im Gespräch
Im April erscheint das erste Heft unserer neuen Zeitschrift „ZfPC – Zeitschrift für Product Compliance“. Wir haben uns mit den Herausgeber:innen Prof. Dr. Thomas Klindt, Prof. Dr. Prof. h.c. Jürgen Taeger und Dr. Susanne Wende über die Thematik Product Compliance unterhalten und wie es zur Gründung der ZfPC kam.
Prof. Dr. Thomas Klindt berichtet:
„Seit ich 1996 meine juristische Dissertation zur europäischen CE-Kennzeichnung (und zur EG-Maschinenrichtlinie) verfasst hatte, lässt mich das Thema Product Compliance nicht mehr los, weder anwaltlich noch wissenschaftlich. Im Grunde gab es damals kein Rechtsgebiet namens Product Compliance; selbst den heute so etablierten Begriff Produktsicherheitsrecht musste ich erst als öff.-rechtl. Schwester zum Produkthaftungsrecht „erfinden“. Damals gab es nur das Gesetz über technische Arbeitsmittel (GtA), das dann als Gerätesicherheitsgesetz (GSG) weiterfirmierte. Ich durfte dann bei C.H.Beck ehrenvollerweise den Praxiskommentar des damaligen BAuA-Präsidenten Wolfram Jeiter fortführen und bekam auch einen Autorenvertrag für die erste Kommentierung zum ProdSG 1997, welches wiederum die allererste EU-Produktsicherheitsrichtlinie 92/59/EWG – aufgrund einer Klage der Bundesrepublik gegen die EU-Ermächtigung zu dieser Richtlinie verspätet – in deutsches Recht umsetze. So war ich in der Tat von den ersten Schritten an dabei und dementsprechend auch in der anwaltlichen Industrieberatung zunehmend im Inland, dann auch im EU-Ausland gefragt. Anwaltliche Beratung wiederum führt oft sehr früh und realistisch zu einem Scouting sich abzeichnender neuer Tendenzen, Produktgattungen und Problemlagen, was der rechtswissenschaftlichen Reife und Umsicht enorm dient.
Jürgen Täger kam auf mich zu und diente mir ehrenvollerweise neben ihm die Mitherausgeberschaft (ganz offenbar auch mit großer Zustimmung des Nomos-Verlags) an; das hat mich immens gefreut! Denn seit 25 Jahren fiebere ich solch einer Spezialzeitschrift entgegen, und das mit jedem Jahr mehr. Denn die ehemalige Nische hat sich längst als veritables Schwergewicht in der industriellen, globalen Compliance etabliert. Der „Diesel“-Skandal dürfte dem letzten brutal die Augen dafür geöffnet haben, dass das technische Engineering nicht im rechtsfreien Raum abläuft, dass mit einer Non-Compliance enorme haftungsrechtliche, strafrechtliche, aktienrechtliche, wettbewerbsrechtliche und etwa arbeitsrechtliche Konsequenzen zusammenhängen können. Diese juristische und technische Breite interessiert uns hier in der ZfPC!“
Prof. Dr. Prof. h.c. Jürgen Taeger erklärt:
„Im Studium jobbte ich an einem zivilrechtlichen Lehrstuhl, aus dem das Institut für Rechtswissenschaften (IRI) hervorging. Das Informationsrecht war angesichts der schon damals geführten Diskussion über juristische Expertensysteme und neuronale Netze im Recht so faszinierend, dass ich später am IRI promoviert mit einer Arbeit über ‚Außervertragliche Haftung für fehlerhafte Computerprogramme‘ 1994 habilitiert wurde. In der Habil-Schrift begründete ich u.a., weshalb auch drahtlos übermittelte Software als Produkt vom ProdHaftG erfasst wird.
Das Thema ‚Außervertragliche Haftung‘ begleitete mich trotz zwischenzeitlich anderer Schwerpunkte wie dem Internet- und Datenschutzrecht und findet sich jetzt in dem von RA Ehring und mir 2022 herausgegebenen Nomos-Kommentar zum „Produkthaftungs- und Produktsicherheitsrecht“ wieder. Die an mich herangetragene Idee des Nomos Verlags, zu unter dem verbindenden Schlagwort der ‚Product Compliance‘ eine Zeitschrift herauszugeben, finde ich wegweisend.
Die Zeit für eine übergreifende Befassung mit dem Thema ist reif. Mit Frau Dr. Wende und Prof. Dr. Klindt hoch kompetente, bestens ausgewiesene Mitherausgeber dabei zu wissen, ist einfach großartig. Das Spektrum von der Produkthaftung bis hin zum Produktsicherheitsrecht mit der Marktüberwachung scheint auf den ersten Blick sehr weit; die Themen lassen sich unter dem Stichwort ‚Product Compliance‘ hervorragend bündeln. Die Aktivitäten des EU-Gesetzgebers aktuell werden etwa weitere Standardisierungsprozesse, die Unternehmen vor dem Inverkehrbringen von Produkten beachten müssen, und die Anpassung der Haftungsnormen angesichts der Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz diskutiert müssen in einer hierauf spezialisierten Zeitschrift in den Blick genommen werden. Die ZfPC ist ein Produkt, das der Praxis auch auf wissenschaftlich hohem Niveau Orientierung gibt und auch die Digitalstrategie der EU für eine offene, demokratische und nachhaltige Gesellschaft durchaus auch kritisch begleitet.“
Dr. Susanne Wende erläutert:
„Während Studium und Promotion lag mein Fokus im Europarecht und internationalen Wirtschaftsrecht, damals vielfach noch als abseitig und „brotlos“ beschrieben. Aus der Faszination für das Ineinandergreifen von internationalem, europäischem und nationalem #Recht heraus wollte ich in einem stark europarechtlich geprägten Bereich in den #Anwaltsberuf starten. Nicht geahnt habe ich damals, dass die #Rechtsentwicklung auf allen Ebenen so spannend werden würde. #ProductCompliance – wie es heute heißt – ist ein wahrer Schmelztiegel verschiedener #Rechtsbereiche von den öffentlich-rechtlichen Produktanforderungen über die zivilrechtliche Haftung bis hin zu rein umweltschutz- und abfallrechtlichen Fragen, die im Rahmen eines Produktrückrufs auftauchen können. Dringend notwendig ist dabei ein interdisziplinärer Ansatz. Product Compliance-Themen können nur mit einem starken Team aus Ingenieuren, Juristen, Vertrieb, Einkauf und Kundenservice angemessen bewältigt werden. Dabei ist oft das Finden einer gemeinsamen Sprache eine große Herausforderung – zugegebenermaßen auch, weil es manchmal viel Geduld gerade auf der technischen Seite erfordert, den juristischen Teammitgliedern z.B. den entscheidenden Fitzel der elektrischen Steuerung begreifbar zu machen. Aber es lohnt sich. Denn es führt zum Erfolg, wenn alle Seiten mit Leidenschaft dabei sind.
Als Prof. Dr. Klindt mich fragte, ob ich als Mitherausgeberin der ZfPC dabei sein möchte, war ich sofort begeistert: Zum einen ist das Konzept der #Zeitschrift, auf hohem wissenschaftlichen Niveau und zugleich praxisorientiert und interdisziplinär aktuelle #Rechtsfragen rund um die #Produktverantwortung zu adressieren, einmalig und schließt eine große Lücke in der rechtswissenschaftlichen Literatur. Zum anderen ist der Weg zu jedem einzelnen Heft im Herausgeberteam mit Prof. Dr. Jürgen Taeger und Prof. Dr. Thomas Klindt eine große Freude. Schön zu sehen, wie spannende Ideen dann tatsächlich auf Papier gebracht werden – es kommen spannende Ausgaben auf uns zu.“