Das intelligente Messsystem – Neustart der Digitalisierung der Energiewende

10.12.2024

Das intelligente Messsystem – Neustart der Digitalisierung der Energiewende

Von Dr. Philipp Singler

Seit nunmehr rund 15 Jahren forciert die Politik den Einsatz von digitalen Stromzählern bzw. Smart Metern. Trotz unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen ist der Durchbruch der Geräte in der Praxis ausgeblieben. Mit dem Gesetz zum Neustart der Energiewende soll nun der Durchbruch gelingen. Doch was sind eigentlich Smart Meter, woran ist man bislang gescheitert und was soll nun den entscheidenden Impuls für einen erfolgreichen Rollout geben?

Was sind digitale Stromzähler bzw. Smart Meter

Der Rollout von Smart Metern ist seit 2016 im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) geregelt. Dabei definiert das MsbG den digitalen Stromzähler bzw. den Smart Meter in § 2 Nr. 7 MsbG als „intelligentes Messsystem“. Demnach ist ein intelligentes Messsystem eine über ein Smart-Meter-Gateway in ein Kommunikationsnetz eingebundene moderne Messeinrichtung oder Messeinrichtung zur registrierenden Leistungsmessung zur Erfassung elektrischer Energie, die in tatsächlicher Hinsicht mindestens Stromverbrauch, -erzeugung und Nutzungszeit widerspiegelt und über den Smart-Meter-Gateway-Administrator im Zusammenwirken mit den informationstechnischen Systemen weiterer Berechtigter aus § 49 Absatz 2 den besonderen Anforderungen nach den §§ 21 und 22 in Verbindung mit § 31 Absatz 1 genügt, die zur Gewährleistung des Datenschutzes, der Datensicherheit und Interoperabilität in Schutzprofilen und Technischen Richtlinien festgelegt werden können. Ein intelligentes Messsystem besteht also aus einer modernen Messeinrichtung als das eigentliche Messgerät und einer Kommunikationseinheit – dem Smart Meter Gateway.

Wie soll nun der Durchbruch gelingen?

Bisher setzte der Gesetzgeber in § 29 ff. MsbG darauf, dass eine gestufte Einbaupflicht greift, sobald das BSI bestätigt, dass mindestens drei Geräte am Markt verfügbar sind und die technischen Anforderungen nach § 21 ff. MsbG erfüllen. Aufgrund fehlender Verfügbarkeit der Geräte wurde diese Strategie jedoch nicht erfolgreich umgesetzt.

Mit der Reform nehmen die §§ 29 ff. MsbG nun Abstand von einer staatlich festgelegten Rolloutpflicht und setzen stattdessen stärker auf Marktkräfte. Zukünftig orientiert sich die Rolloutpflicht gemäß § 29 Abs. 1 MsbG lediglich an der wirtschaftlichen Vertretbarkeit im Sinne von § 30 MsbG. Die technische Möglichkeit als Kriterium wurde aufgegeben – eine deutliche Liberalisierung der Anforderungen.

„Agiler Rollout“

Um insbesondere bei kleineren Anlagen den flächendeckenden Rollout sofort zu ermöglichen, wurde mit § 31 Abs. 1 MsbG der sogenannte „agile Rollout“ eingeführt. Dies erlaubt es, dass Geräte nicht von Beginn an alle technischen Anforderungen erfüllen müssen. Bestimmte Funktionen – etwa Anwendungen zur Protokollierung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 MsbG), zur Fernsteuerbarkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 lit. c MsbG) oder zur Übermittlung von Stammdaten (§ 21 Abs. 1 Nr. 6 MsbG) – können zunächst entfallen und später durch Funktionsupdates ergänzt werden. Dabei bleibt das bestehende Sicherheitskonzept erhalten. Ziel ist es, den Rollout sofort zu starten, indem die Sicherheitsanforderungen auf das unbedingt notwendige Maß reduziert werden.

Eine Pflicht zum agilen Rollout besteht jedoch nicht. Es handelt sich um eine Option für Messstellenbetreiber, die Rolloutgeschwindigkeit zu steigern. Ob diese Regelung in der Praxis angenommen wird, bleibt abzuwarten. Zwar sind intelligente Messsysteme auf Updates ausgelegt, dennoch ist nicht garantiert, dass sich alle in § 31 MsbG genannten Funktionen per Softwareupdate nachrüsten lassen. Im Zweifel müsste die Hardware angepasst werden, wobei das Risiko der Messstellenbetreiber trägt.

Gerechte Lastenverteilung

Ein weiterer Hemmschuh für einen schnellen Rollout war bisher die Verteilung der Kostenlast. Die finanziellen Lasten für den Smart-Meter-Einbau sollten bislang von den Endverbrauchern getragen werden. Nun werden die Kosten zugunsten der Verbraucher bzw. Kleingewerbetreibenden auf 20 € pro Jahr gedeckelt. Dadurch soll die Akzeptanz bei Verbrauchern erhöht werden.

Zusammenfassung

Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende hat der Gesetzgeber erkannt, dass ein Neustart des Smart-Meter-Rollouts notwendig ist. Bisherige Hindernisse, wie nicht verfügbare Geräte, haben den Rollout blockiert.

Die Deckelung der Kosten für Verbraucher und die Beteiligung der Netzbetreiber an den Kosten nach § 30 MsbG sind wichtige Schritte. Dies trägt der Erkenntnis Rechnung, dass die Hauptvorteile der intelligenten Messsysteme – wie die Netzstabilität – nicht primär den Endnutzern, sondern dem Gesamtsystem zugutekommen. Der Abbau bürokratischer Hürden und das Vertrauen in die Marktdynamik könnten in Verbindung mit dem Instrument des agilen Rollouts helfen, die bisherigen Blockaden zu lösen.

 

 

Dr. Philipp Singler ist Justiziar und Leiter der Abteilung Recht und Datenschutz der Stadt Offenburg. Im Rahmen seiner Dissertation „Das intelligente Messsystem“, die im Nomos Verlag erschienen ist, sowie im Rahmen des von Hornung und Schallbruch im Nomos Verlag herausgegebenen „Praxishandbuch IT-Sicherheitsrecht“ beschäftigt er sich mit Rechtsfragen rund um das intelligente Messsystem.