Datenwirtschaftsrecht 2025: Data Act und Data Governance Act

16.01.2025

Datenwirtschaftsrecht 2025:
Data Act und Data Governance Act

von Prof. Dr. Moritz Hennemann

2025 verspricht auch für das Datenrecht ein spannendes Jahr zu werden. Ab September dieses Jahres gelten weite Teile des Data Act – zentraler Eckpfeiler der unionalen Datenwirtschaftsregulierung. Schon seit 2023 gilt die Schwesterverordnung zum Data Act: der Data Governance Act. Zusammen bilden beide Verordnungen das Fundament des neuen Europäischen Datenwirtschaftsrechts – ausgerichtet auf den Datenzugang- und Datenhandel, auf eine bessere und wirtschaftlich faire Datennutzung sowie verbunden mit der Hoffnung auf mehr Dateninnovationen (in Europa).

Data Governance Act

Der Data Governance Act zeitigt bislang noch vergleichsweise geringe Praxisfolgen. Der Data Governance Act sieht für die Datenwirtschaft lediglich zwingende Pflichten für Datenvermittlungsdienste vor (Art. 10 ff. Data Governance Act). Will man (deswegen) nicht als ein solcher tätig werden, bereitet der Data Governance Act einem wenig Kopfschmerzen. Im Gegenteil: Kontrahiert man mit einem solchen, kommt einem das enge Pflichtenkorsett für Datenvermittlungsdienste sogar zugute. 

Data Act

Vollkommen verschieden ist die Ausgangslage beim Data Act. Erhebliche Praxisfolgen sind vorprogrammiert auch und gerade im Zusammenspiel mit dem Data Governance Act. Denn der Data Act entfaltet für praktisch jeden Wirtschaftsakteur und jeden Verbraucher unmittelbare Relevanz. Grund dafür ist, dass der Data Act sich auf eine zentrale Produktkategorie unserer Zeit bezieht: vernetzte Produkte. In Rede stehen Produkte des Internet-of-Things (wie etwa smart cars oder smarte landwirtschaftliche Maschinen) sowie damit verbundene Dienstleistungen. Produkte und Dienstleistungen, die heutzutage nahezu jeder – sei es kommerziell oder nicht-kommerziell – nutzt. Statuiert werden Produktdesignpflichten von Herstellern (Art. 3 Data Act), Datenzugangsansprüche zugunsten von gewerblichen wie privaten Nutzern (Art. 4 ff. Data Act) sowie weitere Fairnessvorgaben für die Datenwirtschaft (Art. 13, 23 ff. Data Act). In besonderer Weise in die Pflicht genommen werden diejenigen, die etwa auch nach einem Verkauf oder einer Vermietung noch Zugriff auf die durch die Nutzung des Produkts erzeugten Daten erhalten (etwa Hersteller oder andere Anbieter smarter Produkte).

Neues AGB-Recht für B2B-Datenverträge

Insbesondere – das flog bislang zum Teil ein wenig unter dem Radar – statuiert der Data Act ein neues AGB-Recht für Datenverträge im unternehmerischen Rechtsverkehr. Kontrolliert werden Klauseln zu Datenzugang und Datennutzung. Die Reichweite im Einzelfall ist mehr als unklar. Da Datenzugang und Datennutzung heutzutage oftmals Bestandteil vertraglicher Pflichten unterschiedlichster Verträge sind, ist der maßgebliche Art. 13 Data Act künftig stets beim Drafting von Verträgen mitzudenken. Obwohl die Aufgreif- und Eingreifkriterien von der B2C-Inhaltskontrolle abweichen, ist die praktische Bedeutung mit Händen zu greifen – und sei es nur, dass man der Inhaltskontrolle sicher „entfliehen“ möchte. Gut ist, dass die Kommission aktuell Mustervertragsklauseln (Art. 41 Data Act) und damit eine effektive Hilfestellung für Rechtsanwender – vorbereitet.

Weitere neue Vorgaben

Hinzu treten weitere Vorgaben für einen B2G-Datenzugang in Fällen außergewöhnlicher Notwendigkeit (Art. 14 ff. Data Act), für den Open Data-Datenzugang (Art. 3 ff. Data Governance Act), für Datenverarbeitungsdienste (sprich für Cloud- und Edge-Anwendungen) und die damit verbundenen Vertragsverhältnisse (Art. 23 ff. Data Act) sowie für Transfers nicht personenbezogener Daten in EU-Drittländer (Art. 31 Data Governance Act und Art. 32 Data Act). Flankiert werden die inhaltlichen Vorgaben durch weiteres Technikrecht (insbesondere Art. 33 ff. Data Act) sowie durch Regelungen zum public enforcement (Art. 37 ff. Data Act und Art. 26 ff. Data Governance Act). Denn für Verstöße gegen die beiden Rechtsakte drohen künftig neben der privaten Rechtsdurchsetzung insbesondere auch Bußgelder und sonstige behördliche Sanktionen (Art. 34 Data Governance Act und Art. 40 Data Act). Für letztere sind allerdings noch nationale Durchführungsgesetze erforderlich. Beide liegen derzeit noch nicht final vor. Das Durchführungsgesetz zum Data Governance Act, das Daten-Governance-Gesetz (BT-Drs. 20/13090), befindet sich allerdings bereits im parlamentarischen Verfahren.

Ausblick

Alles in allem darf man gespannt sein, ob das regulatorische Gesamtkonzept des europäischen Gesetzgebers aufgeht. Ab September wissen wir mehr. Vorbereiten müssen sich zumindest Wirtschaftsakteure schon jetzt sei es aufgrund der Anpassung von Vertragsbedingungen oder der Neuverhandlung von Verträgen, sei es mit Blick auf das Produktdesign oder die neuen Ansprüche. Ein Aspekt ist besonders wichtig: In Rede stehen dabei gerade nicht nur neue Pflichten für die Wirtschaft. Ganz im Gegenteil: Insbesondere der Data Act eröffnet zugunsten einer Vielzahl von gewerblichen Nutzern bessere Optionen zur Datenmonetarisierung und damit erhebliche Chancen für neue Geschäftsmodelle.


Prof. Dr. Moritz Hennemann ist Inhaber des Lehrstuhls für Zivilrecht mit Informationsrecht, Medienrecht, Internetrecht sowie Direktor des Instituts für Medien- und Informationsrecht der Universität Freiburg. Er forscht insbesondere zum Europäischen und Internationalen Informations- und Datenrecht. Gemeinsam mit Louisa Specht-Riemenschneider gibt er den Nomos Handkommentar (Data Act, Data Governance Act: DA, DGA – 978-3-7560-1516-0 | Nomos 2. Aufl. 2025 ) zum Data Act und zum Data Governance Act heraus. Mit Louisa Specht-Riemenschneider hat er ebenso den englischsprachigen Kommentar zum Data Governance Act (Data Governance Act – 978-3-8487-7462-3 | Nomos, C.H. Beck – Hart – Nomos 2025 ) verfasst. Zudem ist er Mitautor einer Einführung zum Data Act (Data Act – 978-3-7560-1342-5 | Nomos, Nomos 2024 ).