Rechtliche Herausforderungen der Olympia-Bewerbung des DOSB

19.12.2023

Olympische Spiele in Deutschland? Menschen- und völkerrechtliche sowie nachhaltigkeitsorientierte Herausforderungen der Olympia-Bewerbung des DOSB

Von Dr. Tinusch Jalilvand

Einstimmig hat die Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am 2. Dezember 2023 die sogenannte „Frankfurter Erklärung“ verabschiedet. Damit bekommt die Olympia-Bewerbung des DOSB für die Olympischen Sommerspiele, über die final in der Mitgliederversammlung 2024 entschieden werden soll, weiteren Rückenwind. Die „Frankfurter Erklärung“ enthält das Leitbild der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine deutsche Olympia-Bewerbung. Danach muss die Bewerbung u.a. von einem detaillierten Menschenrechts- und Nachhaltigkeitskonzept getragen werden. Passend dazu steht seit Ende November 2023 die Menschenrechts-Policy des DOSB und der Deutschen Sportjugend . Auch internationale Sportverbände fordern mittlerweile die Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten von Ausrichtern von Sportgroßereignissen (siehe z.B. IOC Strategic Framework on Human Rights).

 

Daraus ergeben sich rechtliche Herausforderungen, die in dieser Dimension für den Sport noch nie so relevant waren.

Völkerrecht und Menschenrechte im Sport

Besteht zwar grundsätzlich Einigkeit im internationalen Sport beim „Ob“ des Bekenntnisses zu Menschenrechten, so ist das „Wie“ allein aufgrund des global unterschiedlichen menschenrechtlichen Grundverständnisses eine immense Herausforderung. Es besteht beispielsweise keinerlei Einigkeit bei der Frage nach der Teilnahme von Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus an den Olympischen Spielen 2024, was u.a. auf die Partikularisierung des weltweiten Menschenrechtsschutzes, also auf die unterschiedliche Auslegung völker- und menschenrechtlicher Kernfragen zurückzuführen ist.

 

In diesem Zusammenhang ist insbesondere genau zu prüfen, ob und vor allem inwieweit nationale und internationale Sportverbände im rechtlichen Sinn verpflichtet sind, Menschenrechte zu achten. Hier werden aktuell verschiedene Ansätze diskutiert und es wird sicherlich am Ende auch darauf ankommen, inwieweit die internationalen Verbände in der Lage sind, mit Blick auf die Partikularisierung des weltweiten Menschenrechtsschutzes einheitliche und durchsetzbare Standards für den Sport zu finden.

Nachhaltigkeitsbestrebungen am Beispiel des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und seine Anwendung auf Sportgroßveranstaltungen

Im Interesse von laut Frankfurter Erklärung „maximal nachhaltigen Spielen“ müssen Klimabelastungen und Umweltschäden durch Olympische Spiele minimiert werden. Dabei ist beispielsweise das Lieferkettenmanagement zu beachten. Aus rechtlicher Sicht stellt sich die Frage, welche Bestandteile die Lieferkette einer Sportgroßveranstaltung hat und ob der DOSB (jedenfalls zum Zeitpunkt der Ausrichtung der Spiele) in den Anwendungsbereich des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LKSG) oder seines (strengeren) Pendants auf EU-Ebene fällt.  Nach der Definition in § 2 LKSG sind vom Begriff der Lieferkette „alle Schritte im In- und Ausland“ erfasst, „die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind“. Danach dürften jedenfalls die Lieferketten von Merchandising oder Catering umwelt- und menschenrechtsbezogenen Sorgfaltspflichten nach dem LKSG unterliegen. Ist aber beispielsweise das Zurverfügungstellen einer Werbefläche für Sponsoren in diesem Sinn erforderlich und der DOSB damit Teil der Lieferkette des Sponsors?

 

Auch wenn eine Olympia-Bewerbung primär von der Vorfreude auf sportliche Spitzenleistungen und ein großes internationales, völkerverbindendes Fest getragen werden sollte, so dürfte es noch nie derart relevant gewesen sein, völker- menschen-, und umweltrechtliche Fragen mit der sportrechtlichen Brille so zu behandeln, dass sie die nationale Überzeugungsbildung unterstützen und dem nationalen wie internationalen rechtlichen Diskurs standhalten.

 

Dr. Tinusch Jalilvand ist Rechtsanwalt in der Münchener Sportrechtskanzlei Martens Rechtsanwälte. Er ist promivierter Völkerrechtler und berät Clubs, Vereine und Verbände in Fragen des Menschenrechtsschutzes, der Nachhaltigkeits-Compliance und im Datenschutzrecht. Dr. Jalilvand begleitet insbesondere den Profifußball im Rahmen seiner nachhaltigen Transformation. Er ist Verfasser zahlreicher Beiträge in Fachzeitschriften zu den genannten Themen, verfasste seine im Erscheinen befindliche Dissertation zur Partikularisierung des weltweiten Menschenrechtsschutzes und versendet einen eigenen Newsletter zu rechtlichen Fragen der Nachhaltigkeit im Sport.