Das neue FIFA Spielervermittler-Reglement (FFAR) im Lichte des Kartellrechts

28.06.2023

Das neue FIFA Spielervermittler-Reglement (FFAR) im Lichte des Kartellrechts

Beitrag von Dr. Holger Jakob

„Spielervermittler müssen sich bei Transfers vorerst nicht an FIFA-Regeln halten“. Mit dieser reißerischen Überschrift berichtete die dpa am 24.5.2023 über den Beschluss des LG Dortmund zum FFAR (Az. 8 O 1/23).

Das FFAR

Das FFAR enthält detaillierte Bestimmungen und Beschränkungen für die Tätigkeit von Spielervermittlern, darunter insbesondere ein Lizenzsystem mit Prüfungsverfahren, Mehrfachvertretungsverbot und Provisionsobergrenzen. Der Fußballweltverband hatte das FFAR im Dezember 2022 verabschiedet, das am 1.10.2023 – bis zu diesem Zeitpunkt auch in den nationalen Verbänden umgesetzt – vollständig in Kraft treten soll. Dagegen hatten zwei Spielervermittler und eine Spielervermittler-GmbH gegen die FIFA und den DFB eine einstweilige Verfügung mit der Begründung erwirkt, dass verschiedene Bestimmungen des FFAR kartellrechtswidrig seien.

Neben dem Verfahren vor dem LG Dortmund sind inzwischen weltweit weitere Verfahren rechtshängig, wie z.B. u.a. in Dänemark und Holland. Insbesondere gibt es auch schon zwei Vorabentscheidungsverfahren zum EuGH, eines zum alten Spielervermittler-Reglement des DFB von 2015, zu dem der BGH im Frühjahr 2023 bereits mündlich verhandelt hatte, sowie das des LG Mainz zum FFAR, das seine Fragen direkt vorgelegt hat. Hinzu kommt ein Sportschiedsgerichtsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sports (CAS) in Lausanne, dessen Entscheidung vermutlich die nächste sein wird.

Die bisherige Rechtsprechung

Im Jahr 2019 hat das LG Frankfurt unter Verweis auf das EuG-Urteil in der Rs. „Piau“ die Ansicht vertreten, dass ein verbandsrechtliches Reglement für Spielervermittler kein „rein sportliches Regelwerk“ im Sinne der Meca-Medina-Kriterien sei und Wettbewerbsbeschränkungen zu Lasten von Spielervermittlern damit stets einen Kartellrechtsverstoß darstellten. Mit seinem Urteil vom 30.11.2021 hat das OLG Frankfurt dieses Urteil aufgehoben. Für Regelungen, die sich an der Schnittstelle zwischen Sport und Kartellrecht befinden, sei seit dem Meca-Medina-Urteil des EuGH maßgeblich, ob die mit den Verbandsbestimmungen verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen in einem Zusammenhang mit der reklamierten (legitimen) sportlichen Zielsetzung stünden. Da die Fußballverbände die satzungsgemäße Aufgabe haben, die ordnungsgemäße Durchführung des sportlichen Wettkampfs im Fußball zu gewährleisten, könne prinzipiell auch ein Spielervermittler-Reglement in diesem Kontext bewertet werden. Die Tätigkeit der Spielervermittler beeinflusse maßgeblich die Zusammensetzung der Mannschaften, ihre Kontinuität und ihre sportliche Stärke; sie stehe damit in einer direkten Verbindung zum sportlichen Wettbewerb.

Die Entscheidung des LG Dortmund vom 24.5.2023

Ohne sich mit dem vorgenannten Urteil des OLG Frankfurt auseinanderzusetzen, hat das LG Dortmund in seinem Beschluss apodiktisch im Sinne der EuG- Rechtsprechung aus dem Jahr 2005 in der Rs. „Piau“ entschieden, dass das FFAR kein sportliches Regelwerk und damit einer kartellrechtlichen Tatbestandsrestriktion nicht zugänglich sei, um schließlich noch nachzuschieben, dass selbst bei Anwendung des 3-Stufen-Tests des EuGH die Prüfung bereits auf der ersten Stufe zu Ende sei, da keine der angegriffenen Regelungen einen legitimen Zweck verfolge. DFB und FIFA haben inzwischen Berufung eingelegt. Im Übrigen wird der Beschluss dadurch relativiert, dass die Antragsteller nicht die Lizenz- und die Prüfungspflicht als solche angegriffen haben, so dass es zumindest insoweit keine Unterlassungsansprüche zu Lasten von DFB und FIFA gibt.

Der Vorlagebeschluss des BGH vom 13.6.2023

Am 13.6.2023 hat der BGH im Revisionsverfahren gegen das oben genannte Berufungsurteil des OLG Frankfurt beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH zwei grundsätzliche Fragen zur Vereinbarkeit des DFB Spielervermittler-Reglements mit dem europäischen Kartellrecht zur Vorabentscheidung vorzulegen. Die Besonderheit im Vergleich zur Vorlage des LG Mainz liegt darin, dass sich die Fragen des BGH nur auf solche Regelungen beziehen, die an Spieler und Clubs, welche sich über entsprechende Lizenzierungsstatuten bzw. -vereinbarungen (LO bzw. LOS und Lizenzverträge) den Verbandsstatuten unterworfen haben, adressiert sind. Zwar sind die Spielervermittler gehalten, eine Erklärung abzugeben, die sie ebenfalls den Verbandsstatuten unterwerfen, doch falls das nicht geschieht, können ausschließlich Verbandsmitglieder bzw. die Lizenzclubs und/oder -spieler sanktioniert werden, weil insoweit eine Unterwerfung der Spielervermittler unter die Verbandsstatuten gerade nicht erfolgt (ist).

Ausblick

Das OLG Düsseldorf als Berufungsgericht im Dortmunder Verfahren bzw. der EuGH und der CAS in den genannten weiteren Verfahren werden entscheiden müssen, wie weitgehend die FIFA den Wettbewerb der Spielervermittler gegenüber ihren Verbandsmitgliedern beschränken darf, um legitime Ziele wie die Vertragsstabilität oder den Minderjährigenschutz zu verfolgen. Nach Einschätzung des Verfassers könnten insbesondere die grundsätzliche Lizenz- und Prüfungspflicht sowie die Schutzvorschriften zu Gunsten minderjähriger Spieler als legitime Ziele zur (fairen) Organisation und Durchführung der Wettbewerbe den kartellrechtlichen Attacken standhalten. Ob die Spielervermittler sich zum Stichtag 1.10.2023 bei Transfers an die Regeln des FFAR halten müssen oder nicht, ist jedenfalls noch nicht entschieden.


Rechtsanwalt Dr. Holger Jakob berät Mandanten aus dem Sport sowie der eSport- und der Gaming- Branche. Seit April ist er auch lizenzierter FIFA Football Agent. Er ist im Herausgeberbeirat der SpoPrax aktiv und Autor in dem in Kürze erscheinenden StichwortKommentar eSport-Recht sowie in der Anfang 2024 erscheinenden Neuauflage des Handbuchs Fußball-Recht. Außerdem hostet er mit drei Kollegen den Sportrechtspodcast „Liebling Bosman“ und ist als Dozent am Internationalen Fußball-Institut (IFI) tätig. Email: h.jakob@melchers-law.com