Streaming von nutzergenerierten Inhalten ohne Lizenz

27.06.2024

Streaming von nutzergenerierten Inhalten ohne Lizenz

von Dr. Maximilian Pöhner

Die Verbreitung von nutzergenerierten Inhalten – wie z. B. Let’s Play-Videos sowie die Übertragung von Gameplay via Livestream – hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen. Dabei hat sich das Streaming von nutzergenerierten eSport- und Gaminginhalten zunehmend als Existenzgrundlage für viele Einzelpersonen etabliert. Im Gegensatz zu den Endnutzern benötigen Streamer, eSport-Veranstalter oder ggf. die Streaming-Plattform selbst (Stichwort: Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz – UrhDaG) stets eine Nutzungsgestattung, wenn sie die Gaminginhalte öffentlich wiedergeben. Ohne eine entsprechende Nutzungsgestattung sind die den Werkgenuss ermöglichenden vorgelagerten Nutzungshandlungen als rechtswidrige Eingriffe in die Ausschließlichkeitsrechte der Publisher zu bewerten. Die Arbeit widmet sich daher praxisrelevanter urheberrechtlichen Rechtsfragen der öffentlichen Wiedergabe nutzergenerierter Gaminginhalte über zugangsunbeschränkte Streaming Plattformen. Als erste ihrer Art nimmt die Arbeit eine umfassende rechtliche Analyse des Dreiecksverhältnisses Publisher – Streamer – Streaming-Plattform vor. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, ob das Urheberrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung geeignet ist, die tripolare Interessenlage einer Lösung zuzuführen, die den schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten angemessen Rechnung trägt.

Untersuchung der aktuell gelebten Streaming-Praxis

Aufbauend auf der Untersuchung der urheberrechtlichen Qualifikation der „Games“ sowie der Feststellung, dass das Streaming und die vielfältigen Formen der öffentlichen Wiedergabe digitaler Inhalte im Internet mit zahlreichen Eingriffen in urheberrechtliche Ausschließlichkeitsrechte einhergehen, werden die eigenen schutzwürdigen Rechtspositionen der Akteure sowie die Möglichkeiten der Ausgestaltung und Einräumung von Nutzungsrechten analysiert. Auch wenn eSport- Veranstaltungen regelmäßig individuell ausgehandelte Lizenzverträge zugrunde liegen, können Streamer in der Regel nicht auf entsprechende vertragliche Rahmenbedingungen zurückgreifen. Als rechtliche Grundlage für den Vertrieb und der öffentlichen Wiedergabe nutzergenerierter Inhalte kommen für sie daher nur die allgemeinen Nutzungsbedingungen und Richtlinien der Publisher als untergesetzliche Rahmenbedingungen in Betracht. Diese werden auf Inhalt, Umfang und Art der Rechtseinräumung überprüft, wobei entstehende Schutzlücken aufgezeigt werden.

Erarbeitung potenzieller Regulierungsansätze

Inwieweit dem berechtigten Schutzbedürfnis der Streamer und Content Creator Rechnung getragen werden kann, z.B. durch eine Schrankenregelung für nutzergenerierte Inhalte, wird im weiteren Verlauf untersucht. Dabei widmet sich die Untersuchung sowohl der Rechtslage de lege lata als auch potenzieller Regulierungsansätze de lege ferenda, wobei dem Verständnis des urheberrechtlichen Schrankensystems eine entscheidende Bedeutung zukommt. Die Konzeption eines Regulierungsansatzes für nutzergenerierte Gaminginhalte erweist sich vor dem Hintergrund des auf europäischer Ebene vollharmonisierten Schrankensystems als Herausforderung. Schließlich durfte das Urheberrechts Diensteanbieter-Gesetz nicht aus dem Blick geraten, das mit einer komplexen und für das Urheberrecht neuartigen Regelungssystematik (Stichworte: Lizenzierungsobliegenheit (§ 4 Abs. 1 UrhDaG), Fiktion der öffentlichen Wiedergabe (§ 1 Abs. 1 UrhDaG), Erstreckung von Erlaubnissen (§ 6 UrhDaG)) gerade für die derzeit gelebte Praxis neue Impulse setzt.

 

Dr. Maximilian Pöhner ist derzeit als Rechtsanwalt in der Kanzlei ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB tätig. Er promovierte als externer Doktorand an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Martin Maties zum Thema „Streaming von nutzergenerierten Inhalten ohne Lizenz (Rechtliche Probleme des urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechts der Publisher im eSport und Möglichkeiten der Beschränkung bzw. Regulierung)“.