Wer zahlt für Sicherheit bei Sportveranstaltungen?

04.03.2025

Wer zahlt für Sicherheit bei Sportveranstaltungen?

Von Jara Brandenberg und Justus Walter

Mit Urteil vom 14.1.2025 (1 BvR 548/22) hat das BVerfG darüber entschieden, ob die Länder Veranstaltern von Hochrisikospielen die Mehrkosten für einen erhöhten Polizeiaufwand in Rechnung stellen dürfen. Eine Einordnung der Entscheidung und ihrer Folgen für die Sicherheitsarchitektur.

Die umstrittene Bremische Lex Fußball

Nach dem Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV im Jahr 2015 schickte die Bremer Polizei der DFL zunächst eine Rechnung über rund 400.000 € für das erhöhte Polizeiaufgebot im Rahmen des Hochrisikospiels. Von den Veranstaltern solche Kosten verlangen zu können, ermöglicht seit November 2014 § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG. Die Norm setzt voraus, dass es sich um eine gewinnorientierte Veranstaltung mit mehr als 5.000 Teilnehmern handelt, in deren zeitlich-räumlichen Zusammenhang mit Gewalthandlungen zu rechnen ist, die den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte erforderlich machen. Zehn Jahre später hat das BVerfG nun die Norm und den entsprechenden Gebührenbescheid für verfassungsgemäß erklärt.

Gebühr als Gegenleistung für Sicherheit?

Das BVerfG prüft in seinem Urteil eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der DFL-GmbH sowie einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Als Kernaussage stellt der Erste Senat fest, dass es keinen Grundsatz der Unentgeltlichkeit staatlicher Sicherheitsvorsorge gibt. Allerdings bedürfen staatliche Abgaben jenseits von Steuern, die voraussetzungslos erhoben werden dürfen, einer besonderen Rechtfertigung. Voraussetzung der Erhebung solcher Gebühren ist, dass es sich um eine Gegenleistung für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung handelt, aus der dem Abgabenschuldner ein besonderer Vorteil erwächst. Dabei ist es auch unerheblich, ob die staatliche Maßnahme vorwiegend im Allgemeininteresse erfolgt.

 

Öffentliche Leistungen sind dem Veranstalter zurechenbar, wenn sie aufgrund eines besonderen Näheverhältnisses erfolgen. Ein solches kann nach dem Veranlasser- oder Begünstigerprinzip entstehen. Der Veranlasser setzt eine kausale Ursache für die Leistung, während der Begünstigte im Ergebnis von der öffentlichen Leistung profitiert. Im Zuge dessen arbeitet das BVerfG heraus, dass der gebührenrechtliche Veranlasserbegriff nicht kongruent zum polizeirechtlichen Verständnis ist, sondern deutlich weiter geht.

Bei Hochrisikospielen ist die Veranstaltung der Anlass für das Zusammentreffen rivalisierender und mitunter gewaltbereiter Fans, deren vorsätzliche Handlung die Zurechenbarkeit nicht unterbricht. Darüber hinaus profitiert der Veranstalter von der erhöhten Polizeipräsenz, die seine Veranstaltung erst durchführbar macht und ist damit ebenfalls (wirtschaftlich) Begünstigter.

 

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz scheidet in Bezug auf das Kriterium der Teilnehmerzahl unter anderem deswegen aus, weil mit der steigenden Anzahl an Teilnehmern sowohl eine erhöhte Gefahrträchtigkeit als auch der Gewinn des Veranstalters korrespondiert. Eine Ungleichbehandlung sei insgesamt dadurch gerechtfertigt, dass der Kostenaufwand dorthin verlagert werden müsse, wo auch der Gewinn realisiert werde.

Gebührengefahr jenseits von Hochrisikospielen?

Mit der Billigung der Bremischen Rechtslage stellt das BVerfG den übrigen Bundesländern gewissermaßen einen Freifahrtschein für ähnlich lautende gesetzliche Regelungen zur Erhebung von Gebühren für die Sicherheitsvorsorge aus – ob sie diesen zulasten der Veranstalter jeglicher (Sport-)Events einlösen, bleibt rechtspolitischen Erwägungen vorbehalten.

 

Klare Aussagen zu den Grenzen der Gebührenerhebung über den gegenständlichen Einzelfall hinaus lässt das Urteil zwar vermissen, der Erste Senat deutet aber zumindest einen verfassungsrechtlichen Rahmen an. Dieser wird etwa dann verlassen, wenn eine Regelung auch nicht-gewinnorientierte Veranstaltungen (z.B. Demos) erfasst. Grund dafür ist, dass regelmäßig kaum Einfluss auf die Gefahrenträchtigkeit der Veranstaltung genommen werden kann, sodass daraus folgende Gebühren eine intensive Belastung darstellen. Abgemildert wird diese gerade durch das Merkmal der Gewinnorientierung.

 

Kaum zu rechtfertigen sind Gebühren auch dann, wenn sie vom Gebrauch grundrechtlicher Freiheiten abschrecken würden oder gar „erdrosselnde Wirkung“ hätten. Eine dahingehende Gefahr käme etwa Gebühren zu, die in keiner Relation mehr zum erwirtschafteten Gewinn der Veranstaltung stünden. Sie wären vielmehr unzumutbar und damit unangemessen.

 

 

Jara Brandenberg ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-, Gesellschafts- und Zivilprozessrecht an der Universität Bonn und promoviert dort bei Prof. Dr. Alexander Scheuch zu Fragen der Drittbeteiligung vor (Sport-)Schiedsgerichten.

Justus Walter ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für deutsches und europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Bonn und promoviert dort bei Prof. Dr. Heiko Sauer zu Anforderungen der EMRK an Verletzungsreaktionen.